Christian Jäger
26. November 2020

Energievertrieb 4.0 – zukunftsfähige Strategien für die Energiebranche

Energievertrieb Im Zuge der Digitalisierung müssen Unternehmen neue, innovative und digitale Konzepte für den Vertrieb entwickeln. Wer nicht mit der Zeit geht, muss zusehen, wie die Konkurrenz rechts und links an einem vorbeizieht. Energieversorgungsunternehmen (EVU) stehen hier vor einer besonderen Herausforderung: Ihre Produkte (Strom und Gas) verändern sich nicht und so bietet im Prinzip jeder Anbieter dasselbe Produkt. Wie kann sich ein EVU trotzdem auf einem sich wandelnden Energiemarkt halten und sich mithilfe digitaler Verkaufskonzepte vermarkten? Das ist die zentrale Frage des Energievertriebs 4.0.

Was das genau ist und welche neuen Konzepte es bereits gibt, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Was bedeutet Energievertrieb 4.0?

Der Zusatz „4.0“ wurde erstmals mit dem Begriff „Industrie 4.0“ bekannt. Hier war 4.0 ein Hinweis darauf, dass der aktuellen industriellen Entwicklungsstufe drei weitere vorausgehen (Industrie 1.0-4.0). Seitdem wurde der Zusatz fast inflationär verwendet und zeigt meistens an, dass ursprünglich analoge Prozesse nun überwiegend digital funktionieren: Arbeit 4.0, Logistik 4.0, Utility 4.0. Auch der Energievertrieb 4.0 fasst neue Vertriebskonzepte zusammen, die auf digitalen Kanälen stattfinden. Aber nicht nur der Digitalisierungsgrad der Verkaufskonzepte ändert sich, sondern auch das Angebot von Energieanbietern. Haben EVU traditionell ein Produkt verkauft (Strom, Gas), entwickeln sie sich heute zunehmend zu Dienstleistungsunternehmen, um sich an die sich ändernden Marktbedingungen anzupassen.

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Wieso müssen Energieunternehmen ihre Strategie ändern?

Der Energiemarkt unterliegt derzeit einem starken Wandel: Die Energiewende ist beschlossene Sache und in vollem Gange. Der Umstieg auf erneuerbare Energien hat zur Folge, dass wenige zentrale stromproduzierende Kraftwerke einer immer größeren Zahl an Prosumern und branchenfremden Unternehmen weichen, die ihren eigenen Strom produzieren. Wenn Energieunternehmen nicht umdenken und neue Strategien entwickeln, werden sie nach der derzeitigen Entwicklung vom Energiemarkt verdrängt werden. Denn wenn die meisten Leute und Unternehmen ihren Strom selbst produzieren und Überschüsse weiterverkaufen, wer braucht dann noch klassische Energieversorger? Wieso sollte z. B. die Autoindustrie, sobald sie auf Elektrofahrzeuge umgestiegen ist, nicht gleich auch einen passenden Stromvertrag zum E-Auto anbieten? Als klassische Stromversorger müssen Sie also neue Ideen und Konzepte ausarbeiten, die Ihnen auch in Zukunft einen Platz am Energiemarkt sichern.

Neue Strategien für Energieversorger

Der erste Ansatzpunkt für die Energiebranche ist sicherlich der Online-Handel. In Bezug auf die Verwendung von Kundendaten sind traditionelle Stromanbieter nämlich im Vorteil anderen Anbietern gegenüber: Die Kunden kennen Sie und Ihr Unternehmen und vertrauen darauf, dass Sie verantwortungsbewusst mit ihren Daten umgehen. Sie können diese Daten z. B. dazu nutzen, um mehr über die Gewohnheiten Ihrer Kunden bzgl. deren Stromverbrauch herauszufinden. Dieses Wissen bereiten Sie dann so für Ihre Kunden auf, dass diese davon profitieren können.

Konkret kann das Ganze so aussehen: Mit der Zustimmung Ihrer Kundin Frau Simsek ermitteln Sie mittels Smart Metering den Stromverbrauch einzelner Haushalts-Geräte von Frau Simsek. Fällt Ihnen dabei auf, das Frau Simseks Waschmaschine überdurchschnittlich viel Strom verbraucht, können Sie ihr nicht nur mitteilen, was Sie herausgefunden haben, sondern gleich auch noch ein energiesparenderes Modell vorschlagen.

Oder stellen Sie fest, dass der Stromverbrauch Ihres Kunden Herrn Jung täglich erst nach 19 Uhr steigt, könnten Sie ihm einen günstigeren Nacht-Tarif anbieten.

Zusätzlich können Sie beiden Kunden die Möglichkeit bieten, ihren eigenen Stromverbrauch über ein Onlineportal nachzuvollziehen und selbst geeignete Sparmaßnahmen zu treffen. So sorgen sie für maximale Transparenz.

In allen drei Szenarien agieren Sie nicht (nur) als Energieversorger, sondern vor allem als Energiedienstleister und Berater. Der Fokus von Energieanbietern der Zukunft darf nicht bloß auf dem Verkauf von Strom liegen. Vielmehr müssen sie sich auf die Vermarktung von kundenspezifischen Versorgungspaketen und individuell zugeschnittenen Angeboten fokussieren.

Zielgruppe: Selbstversorger

Es gibt einige Dinge, für die sich die meisten Menschen leicht begeistern lassen: Schicke Autos, exotische Urlaubsreisen, Schokolade. Strom werden Sie auf dieser Liste vergeblich suchen, er ist zu alltäglich, zu selbstverständlich. Für Strom, den sie selbst produzieren und sich damit ein Stück weit unabhängig machen können, sind wiederum viele Menschen zu begeistern. Warum sich also diese Begeisterung nicht zunutze machen und die Kunden mit Photovoltaikanlagen, Batteriespeicher und einem Vertrag für den Reststrom beliefern?

Alternativ können Sie Ihre Kunden auch durch den gesamten Prozess in die „energetische Unabhängigkeit“ begleiten: Zunächst können Sie Ihrem Kunden anbieten, in einem entsprechenden Online-Portal auszurechnen, wie viel ihn ein Ausstieg aus dem öffentlichen Stromnetz kosten würde und inwiefern er sich lohnen würde. Hat der Kunde weiterhin Interesse können Sie ihn persönlich beraten und schließlich die PV-Anlagen installieren und einen Vertrag für den Reststrom ausmachen.

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Digitalisierung als Chance

Energieunternehmen dürfen die Digitalisierung nicht als Bedrohung sehen. In aller Regel stellen sich schnell Erfolge ein, wenn Unternehmen sich dazu entschließen, ihre Effizienz durch digitale Innovationen zu steigern.

Durch einen Wandel der Vermarktungsstrategien bleiben Energieversorger wettbewerbsfähig. In Zukunft wird der Fokus des Energiemarktgeschehens viel mehr auf Dienstleistungen und personalisierten Angeboten liegen. Aus diesem Grund ist der Übergang vom Energieversorgungs- zum Energiedienstleistungsunternehmen ein zeitgemäßer Schritt in die richtige Richtung: Durch größere Kundenorientierung steigen auch Zufriedenheit und Loyalität der Kunden.

Fazit

Im Kampf um einen Platz am Energiemarkt müssen Energieunternehmen in Zukunft umdenken. Strom wird zukünftig von vielen, vielen kleinen Anbietern und branchenfernen Unternehmen angeboten. Wer sich halten will, muss wandelbar sein. Im Fall von Energieunternehmen bedeutet das: Vom Energielieferanten zum Energiedienstleister zu werden. Wie? Z. B. indem Sie die Daten über den Energieverbrauch Ihrer Kunden dazu nutzen, diese bei der Optimierung ihres Verbrauchs zu unterstützen. Oder indem Sie ihnen günstigere, auf ihre persönlichen Anforderungen zugeschnittene Tarife anbieten. Zuletzt können Sie deren Ausstieg aus dem öffentlichen Stromnetz und in das Selbstversorger-Dasein als „Energiemanager“ unterstützen.

Lena Stieghorst

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Christian Jäger

Jeden Tag besser werden - daraus ziehe ich eine große Motivation. Ich brenne dafür, neue Strategien und Technologien kennen zu lernen und Projekte zum Erfolg zu führen. Das Wissen, welches ich jeden Tag erlange, gebe ich mit Begeisterung an andere Menschen weiter.

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